Karlsbad

»… was würden Sie merkwürdiges wissen, wenn ich Ihnen sagte, daß ich täglich früh um fünf Uhr an die Quelle gegangen wäre, acht, zehen, auch fünfzehn Becher warmes Wasser im Freyen getrunken, bald mit diesem, bald mit jenem, am meisten aber mit mir selbst geredet hätte, … mit meinem Reitknechte spazieren geritten wäre, ein Morgenlied gesungen und fleißig nach der Uhr gesehen hätte, ob die Plage des Reitens bald überstanden wäre, … daß ich nachher zu Hause eine Viertelstunde in einem von meinen zwey Büchern gelesen, alsdenn Chocolade getrunken, mich kraftlos angekleidet ... was würden Sie also wissen …?«
Gellert an Christiane Caroline Lucius 26. August 1763

Auf ärztliche Anordnung fuhr Gellert viermal ins Karlsbad, mehr oder weniger motiviert. Auf der ersten Reise 1753 erkrankte er unterwegs so schwer, dass er drei Wochen in Annaberg pausieren musste. Zu diesem und zum folgenden Kuraufenthalt begleitete ihn der Arzt und Medizinprofessor der Universität Leipzig, Dr. Johann Christian Tilling, der 1756 seine Nachricht vom Carlsbade publizierte, um u. a. die Anwendung und Wirkung der Karlsbader Trink- und Badekur gegen innere und äußere Leiden zu beschreiben.

Gellert profitierte vor allem von neuen Bekanntschaften im Bade. Besonders 1763, als er General Gedeon Ernst von Loudon Wien traf, mit dem er oft speiste, sich mit ihm ausgiebig unterhielt und für dessen Bibliothek in Hadersdorf bei Wien er eine Bücherliste erstellt haben soll. Auf der letzten Fahrt nach Karlsbad 1764 leisteten ihm seine Freunde, die Familie von Zedtwitz aus Bonau, angenehme Gesellschaft. Da Briefeschreiben für die Gesundung als hinderlich angesehen wurde, gibt es wenig direkt aus Karlsbad, aber Schilderungen in späteren Briefen.