Meissen

»Ja, mein lieber Kersten, hätten Sie das damals wohl gedacht, als wir noch in der Fürstenschule neben einander ganz demüthig auf der Pechbank sassen, daß ich ein großer Scribent … werden sollte? Nein, … gestehn Sie’s nur.«
Gellert an Moritz Ludwig Kersten 15. März 1748

Majestätisch thronen Albrechtsburg und Dom über der Elbe und prägen das Stadtbild. In unmittelbarer Nachbarschaft erhebt sich ähnlich traditionsreich die Landesschule Sankt Afra. Seit 2001 entwickeln hier im Gymnasium mit Internat 300 hochbegabte Jugendliche aus Sachsen, dem Bundesgebiet und Europa »Freiraum für Persönlichkeit« für sich und andere: Lust am Denken, Diskurs mit Gleichgesinnten, Engagement in aktuellen gesellschaftspolitischen Feldern ab Klasse 7 – in Kooperation mit Experten und Kooperationspartnern aller Couleurs und Metiers in Nah und Fern.

Die Geschichte Sankt Afras reicht weit zurück: Gymnasium in kommunaler Trägerschaft, LPG-Hochschule, Lehrerbildungsinstitut, Deutsche Heimschule und eine der drei Fürstenschulen Sachsens. 1543 gründete Kurfürst Moritz auf dem Gelände des kurz zuvor aufgelösten Augustinerchorherrenstifts Sankt Afra die gleichnamige Fürstenschule. Innovativ war der Gedanke der Förderung begabter Schüler im Herrschaftsgebiet, ohne Schulgeld zu erheben. Viele erhielten hier ihre humanistische Bildung. Zu ihnen zählen Christian Fürchtegott Gellert und seine zwei Brüder, Friedrich Lebrecht und Christlieb Ehregott, die um 1730 die Fürstenschule besuchten. Durch die wechselvolle Schulgeschichte haben sich nur wenige Spuren erhalten. Die Wohn- und Unterrichtsgebäude sind modernen gewichen, Aufzeichnungen und Schülerakten des Schularchivs in den Wirren der Nachkriegszeit verlorengegangen. Allenfalls die Sankt Afra Kirche und der ehemalige Wirtschaftshof der Fürstenschule, heute Evangelische Akademie Meißen, lassen die Umgebung zu Gellerts Zeiten erahnen.

Auf dass die Erinnerung lebendig bleibe, künden an zentraler Stelle im Schulgebäude Büsten Gotthold Ephraim Lessings und Christian Fürchtegott Gellerts von der langen Geschichte der Förderung begabter Schüler auf dem afranischen Hügel zu Meißen und auch an ein wichtiges Erbe unserer sächsischen Kultur. Tino Wiedemann