Dresden

»Das erste, was Sie zu thun haben, ist, daß Sie Ihre Reise nach Dresden antreten. Alles wartet auf Sie, und der ganze Hof ist ungeduldig auf Ihre Ankunft … vergessen Sie niemals, daß ich es mein größtes Vergnügen seyn lasse, Sie … zu verehren.«
Hans Moritz von Brühl an Gellert 27. Juli 1754

Im Oktober 1754 reiste Gellert endlich »sechs und zwanzig Meilen, um Sie zu sehen und Ihnen zu sagen, wie hoch ich Sie schätze. Das soll mir ein andrer Hypochondrist nachthun«. Die vorigen Dresdenaufenthalte dienten Gellerts Gesundung, während dieser Hans Moritz, dem Neffen des Premierministers, galt und dessen Bruder Heinrich Adolph von Brühl, ab 1759 Student an der Leipziger Akademie, danach Gutsbesitzer in Bedra. Gellerts Satiren schreibender Freund Gottlieb Wilhelm Rabener war seit einem Jahr schon Obersteuersekretär in der Residenzstadt, und auch andere Bekannte lebten inzwischen in Dresden; die er bei dieser Gelegenheit sehr wahrscheinlich besuchte, denn er fuhr ungewöhnlich zufrieden nach Leipzig zurück.

Erst ab 1760 entwickelte sich ein intensiver und unterhaltsamer Briefwechsel mit Christiane Caroline Lucius (1739–1833), die nach und nach mit Freunden und Verwandten des Dichters vertraut gemacht wurde und aus deren Briefen Gellert in seinen Vorlesungen gern zitierte. Er schätzte ihren ungezwungenen erzählerischen Schreibstil. Fräulein Lucius beherrschte mehrere Sprachen und fertigte einige Übersetzungen an. 1778, nach Gellerts Tod, erschien ihr Trauerspiel »Düval und Charmille« über einen Mordfall in Dresden. Im hohen Alter, 1823, erlaubte sie die Veröffentlichung ihrer Gellertbriefe, wovon ihr die Freunde des Professors heftig abgeraten hatten, weshalb bis dahin nur Auszüge publiziert worden waren. Damit überlieferte sie zahlreiche, sonst verloren gegangene Eindrücke und Episoden über Gellert, Dresden und den damaligen Lebensstil. »Gellerts Brieffreundin« steht noch immer auf ihrem nach 1945 erneuerten Grab auf dem Neustädter Friedhof in Dresden.