Stationen

»Über sechs Meilen habe ich zween Tage auf der Kutsche und eine Nacht in der Schenke zubringen müssen … Doch die Beschwerlichkeiten des Fuhrwerks sind immer noch das wenigste, wenn ich an meine Reisegefährten denke …«
Gellert an Madame Steinauer vor 1751

Zu reisen, war anstrengend. Gellert beschrieb vor allem Episoden von den Fahrten zwischen Bonau und Leipzig. Dabei traf er auf einen Henker, den er zunächst für einen Zahnarzt gehalten hatte, hörte ganze Lebensgeschichten seiner Mitfahrer, verbrachte in Rippach in der Schenke eine Nacht auf dem Tisch sitzend, aus Angst vor Mäusen, versuchte hilflos einen seiner Gäule zu retten oder stritt sich wegen der von Heinrich Adolph von Brühl geliehenen Kutsche, die in Markranstädt repariert werden musste und über den der Wagner fluchte: »der Mann, der diesen Wagen gebaut hätte, müßte gar keinen Menschenverstand gehabt haben, und der ihn gekauft hätte, müßte viel Geld übrig und nicht viel Verstand mehr als der Meister, gehabt haben ...«.
In Annaberg unterbrach Gellert seine erste Reise zur Kur nach Karlsbad gleich für drei Wochen, da er erkrankt und nicht reisefähig war. Über die Fahrt nach Braunschweig, bei der eine Strecke vier Tage in Anspruch nahm, oder nach Berlin sind leider keine detaillierten Aufzeichnungen zu finden. Auf seiner letzten größeren Reise 1769 nach Oberau bei Meißen legte Gellert bei einem seiner Studenten in Gröppendorf bei Hubertsburg einen Zwischenstopp ein und fuhr auf der Rückreise über Hainichen, um von seiner Schwester und Vaterstadt Abschied zu nehmen.